Am letzten Donnerstag ging in den USA der Sexting-Dienst Snapchat an die Börse und landete zunächst einmal einen Riesenerfolg. Die Kommentatoren und Analysten sprachen vom „Börsengang des Jahres“.

Wie auch  viele andere warnten wir hier aber schon vor der aberwitzigen Firmenbewertung  für ein Unternehmen, das noch nie einen Gewinn gemacht hat, im letzten Jahr eine halbe Milliarde Verlust verbuchen musste und bei dem in letzter Zeit auch immer weniger neue Benutzer hinzukommen.

Zu schwach für die Deutsche Börse

Die Aktie von Snap Inc. erinnert stark an den „Neuen Markt“, der hier in Deutschland um die Jahrtausendwende zusammenbrach und dabei viele Anleger ihr Geld kostete. An dessen gerade am 1. März unter dem Namen „Entry Standard“ gestartetem Nachfolger hätte Snapchat wegen der von der Deutschen Börse eingebauten Schutzmechanismen keine Chance gehabt.

Firmen müssen hier bei uns nämlich bestimmte Mindestanforderungen in Sachen Umsatz, Mitarbeiter und Marktkapitalisierung erfüllen. Darüber hinaus werden sie vorher von gleich zwei Analysehäusern unter die Lupe genommen, und diese Analysten werden dabei von der Deutschen Börse bezahlt und nicht von den Unternehmen selbst, was Interessenskonflikte besser vermeidet.

Zum „Börsengang des Jahres“

Es brauchte allerdings noch bis gestern, bis das auch den Anlegern in den USA klar wurde – seitdem ist die Snap-Aktie an der New Yorker Börse quasi im freien Fall.

Am Ausgabetag kostete die zehnfach überzeichnete Aktie der Snapchat-Mutter Snap Inc. noch 17 Dollar. Auf Basis dieses Ausgabepreises hat das Unternehmen eine Bewertung von satten 24 Milliarden Dollar – das ist in der Tat der größte Börsengang seit 2014 und einer der am höchsten bewerteten Börsengänge aller Zeiten. Einzig und allein Alibabas Börsengang 2014 war noch ein Milliarde größer.

The higher they fly the deeper they fall

Wer heute Morgen den Kurs der Snap-Aktie gesehen hat, musste sich vermutlich die Augen reiben: Das Papier fiel schon seit gestern um mehr als zwölf Prozent auf 23,77 Dollar und rutschte damit unter seinen ersten Kurs vom letzten Donnerstag. Das Papier der Firma Snap Inc. war da mit 24,50 Dollar an der Börse gestartet – immerhin satte 44 Prozent über dem Ausgabepreis (17 Dollar).

Letztlich haben wohl skeptische Analysten an der NYSE den Höhenflug des Schmuddelpapiers gestoppt – unter anderem auch deshalb, weil die Papiere noch nicht einmal ein Stimmrecht haben.

So funktionieren in diesen Zeiten die Stilblüten des neoliberalen Kapitalismus…