Im Zusammenhang mit dem zunehmenden Drängen des Facebook-Unternehmens WhatsApp, der Weitergabe seiner Daten (Telefonnummer, Aktivitätsdaten, Kontaktlisten usw.) und der seiner Freunde zuzustimmen, hört man auf die Frage nach der Angst vor Datenkraken wie Facebook oder Google immer noch Variationen des unüberlegten und und selbstverletzenden Arguments „ich hab ja nichts zu verbergen“, das besonders gerne datengeile Politiker den Menschen in den Kopf zu bläuen versuchen. Deshalb soll hier kurz erklärt werden, warum diese Art der Datennutzung so gefährlich sein kann.

Zwei Beispielsfälle für kompromittierende persönliche Daten

Der Mensch neigt dazu, Unangenehmes zu verdrängen. Daß jemand beispielsweise einen telefonischen Termin beim Frauenarzt oder Psychiater gemacht hat, könnte man zwar als „nichts zu verbergen“ abspeichern, aber wenn der Arbeitgeber von regelmäßigen Besuchen beim Frauenarzt erführe, könnte er Sie aus Furcht vor Ihrem Ausfall wegen Schwangerschaft bei einer zu besetzenden höheren Position „sicherheitshalber“ übergehen.

Und wenn ihr neuer Geschäftspartner erführe, daß Sie mit einem Psychiater Kontakt haben, könnte diesem das Risiko einer geplanten Kooperation plötzlich doch zu hoch erscheinen – und Sie erhalten eine unerwartete Absage.

Zwei Fälle, die beispielhaft aufzeigen, daß manche Dinge schon besser vor Dritten geheim gehalten werden sollten, wenn man keine Nachteile in Kauf nehmen will.

Facebooks Freundschaftsvorschläge sprechen Bände

Wenn Sie gerade privat oder geschäftlich jemanden kennengelernt und mit ihm ihre Handynummer ausgetauscht haben, taucht diese Person meist schon nach wenigen Stunden unter den Freundschaftsvorschlägen von Facebook auf.

Echten Stoff zum Grübeln bringen aber Vorschläge von Personen zum Freundschaft schließen, die Facebook eigentlich gar nicht kennen kann, weil sie mit denen keine Telefonnummern ausgetauscht haben. Sie kennen sie aber trotzdem, und Facebook weiß das offenbar auch.

Woher Facebook die Daten über Sie holt

Da stellt sich natürlich die Frage, woher die Datenkraken so etwas überhaupt wissen können. Ihre Verbindung mit Leuten, deren Kontaktdaten in ihrer Kontaktliste stehen, ist sicher eine nachvollziehbare Quelle, deshalb lassen sich alle Datenkraken ja auch über Nutzungsbedingungen oder perfide mit „Datenschutzerklärung“ überschriebene Vereinbarungen das Abziehen nicht nur ihrer eigenen Kontakt- und Bewegungsdaten, sondern auch aller Kontaktdaten aus den in Ihrem Smartphone gespeicherten WhatsApp-, Instagram- oder Facebook-Kontaktlisten erlauben.

Das erklärt schlüssig, woher Zuckerbergs Schergen wissen, daß Sie Kontakt zum Frauenarzt oder zum Psychiater haben. Woher wissen die aber, daß Sie gestern auf einer Party jemanden kennengelernt haben, der Kontakt zu einem Psychiater hat?

Das funktioniert so: Wenn Sie den Namen Ihrer Partybekanntschaft in ein Suchformular eingeben, wird er schon beim Eintippen mit Hilfe von Javascript zum Gesichterbuch übertragen. Selbst wenn Sie sich in letzter Sekunde entscheiden, doch nicht auf den „Suchen“-Button zu klicken oder die Eingabetaste zu betätigen, weiß Facebook schon allein durch den Versuch, daß da eine Beziehung besteht.

Wie kommt nun der Psychiater ins Spiel?

Ihre Partybekanntschaft steht zwar nicht in Ihrer Kontaktliste und der Psychiater genauso wenig, aber wenn er in der Kontaktliste der Partybekanntschaft steht, ist die Verbindung schon hergestellt. In den USA wurden schon Patienten einer Psychiaterin gegenseitig als Freunde vorgeschlagen – obwohl sie sich untereinander überhaupt nicht kannten.

Andere Fakten kommen noch hinzu: Über die Handyortung kann das Netzwerk zum Beispiel feststellen, ob Sie sich in derselben Stadt aufhalten – das macht Sie noch sicherer zu einem Fall für den Psychiater, obwohl Sie noch nie einen aufgesucht haben und unter Umständen die Person, aus deren Kontaktlisten die Verbindung zu Ihnen stammt, gar nicht kennen.

Die Metadaten ihrer Telefonate helfen den Datenräubern zusätzlich, das Bild von Ihnen zu festigen. Wenn Sie jemanden eher abends anrufen, könnte das eine private Bekanntschaft sein. Wenn Sie aber jemanden meist zu üblichen Geschäftszeiten anrufen, schließen die künstlichen Intelligenzen der Datenkraken eher auf eine geschäftliche Verbindung.

Last not least tragen Sie über den „Like“-Button von Facebook selbst dazu bei, Ihr Profil bei dem Netzwerk zu schärfen, denn mit Kenntnis der Vorlieben der Menschen lässt sich Werbung natürlich noch viel treffender an den Verbraucher bringen.

Und wer dann sagt, ein Mehr an Werbung sei für ihn kein Problem, der sollte sich einmal fragen, wie er das sieht, wenn sein gesamte Profil von Facebook an seinen Arbeitgeber, seine Bank oder seine Krankenkasse oder Versicherung verkauft wird – denn das Recht nehmen sich die Datenkraken durchaus auch heraus.

Woran erkennt man die Profilbildung?

Bei Facebook sind es gerade die Freundschaftsvorschläge des Netzwerks, die Indizien dafür liefern, daß solche Profile über Sie erzeugt bzw. ergänzt wurden. Sollten Sie auffällig häufig Werbung von Babyprodukten oder Berichte über psychiatrische Dienstleister angeboten bekommen, sollten Sie noch einmal gründlich über die geschilderten Zusammenhänge nachdenken – und darüber, wie wichtig Ihnen Facebook oder WhatsApp wirklich sind…