Die Behörden in der Türkei sperren seit zweieinhalb Jahren immer mehr, von türkischer Seite aus gesehen, missliebige Webseiten. Sogar Seiten wie youTube oder MySpace und Blogs wie WordPress sind darunter.

Im neusten Pressefreiheits-Index „Reporter Ohne Grenzen“ ist die Türkei auf Platz 122 von 175 abgerutscht. Was ist da los in der Türkei?

Überall hört man Aussagen wie: „Die Presse wird zensiert, das Internet wird zensiert, so ist das eben in der Türkei.“

Wöchentlich wächst die Anzahl der gesperrten Webseiten und das sind eben nicht nur kurdische Medienseiten die von der türkischen Justiz als PKK-nah eingestuft werden, sondern auch Adressen wie geocities.com. WordPress und blogspot waren zeitweise blockiert und das Internetradio last.fm ebenfalls.

Wie konnte youTube gesperrt werden, wo liegt hier der rechtliche Hintergrund?

Die politischen Neuwahlen standen 2007 vor der Tür und die Türkei war in einer politischen Krise. Hier wurde nun ein Gesetz auf den Weg gebracht, das eigentlich alle Fragen des Internets und der Online-Geschäfte auf den Weg bringen sollte. Das haben die Parlamentarier nicht mehr ganz geschafft und zudem wurde es bis heute nicht überarbeitet, was auch den zuständigen Minister Binali Yildirim reut, denn lediglich der Punkt über Straftaten im Internet wurde eiligst verabschiedet und ist seither in Kraft. Dieses Gesetz gibt den Staatsanwälten in der Türkei nun das Recht, einen Antrag auf sofortige Sperrung der störenden Webseite zu stellen, ein Richter entscheidet innerhalb von 24 Stunden und einen Prozess gibt es nicht.

YouTube ist gesperrt worden, weil Videos den türkischen Staatsgründer Atatürk verspotten die auf youTube gehostet wurden und so ist youTube bereits seit zwei Jahren gesperrt. Es gibt keine Ermittlungen, keine Beweislast und schon gar keine Verteidigung. YouTube ist es nach anderthalb Jahren noch nicht gelungen sich von der Zensur zu befreien.

Das Schnellschuß-Gesetzt ist seit 2007 in Kraft und bisher auch nicht weiter durch die AKP-Regierung überarbeitet worden, denn dann würde es Vorwürfe hageln von Seiten der Nationalisten, dass man Atatürk der Verhöhnung freigeben würde. Andere Probleme im Land, wie die pro-kurdischen Reformvorhaben und die Annäherung an Armenien sind momentan wichtiger, zudem die Thematik in der türkischen Öffentlichkeit kaum diskutiert wird. Hier hat sich die türkische Öffentlichkeit wohl mit der Zensur abgefunden. Der türkische Regierungschef hat Reportern ein bestimmtes Youtube-Video empfohlen und auf Nachfrage der verblüfften Reporter wies Erdogan darauf hin, dass jeder wisse wie man daran kommen könne, denn die vielen türkischen Hits auf Youtube kommen über spezielle Internet-Seiten im Ausland, mit denen die Zensur umschifft werden kann.

www.swr.de